Stellungnahmen & Positionspapiere, Strommarkt
24.02.2020

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge

Berlin, 24. Februar 2020. Für den bne sind faire Geschäftspraktiken und damit auch faire Vertragsausgestaltungen ein wichtiges Anliegen, da nur so ein wettbewerblicher Markt dauerhaft Bestand haben kann. Die Vorschläge für eine weitere Beschränkung der Vertragslaufzeiten scheint vordergründig auf dieses Ziel einzuzahlen, er blendet jedoch aus, dass damit höhere Preise für die Verbraucher verbunden sind. Auch die Vorschläge zur Eindämmung von untergeschobenen Verträgen sind nicht praxisgerecht und werden ihr Ziel verfehlen. Auch die Neuregelung der Dokumentationspflichten für die Einwilligungserklärung zur Telefonwerbung schießt über das Ziel hinaus.

Eine gesetzliche Begrenzung der Vertragslaufzeiten war im Zuge der Liberalisierung der Energiewirtschaft für die Entwicklung des Wettbewerbs ohne Zweifel von großer Bedeutung. Es ist damit seinerzeit gelungen, den Marktverschluss durch die marktbeherrschenden Unternehmen zu verhindern und den Wettbewerbern den Markt zu öffnen. Die jetzt vorgeschlagene weitere Verschärfung wird jedoch den Wettbewerb nach Einschätzung des bne nicht weiter beflügeln und damit auch für die Verbraucher keinen weiteren Vorteil bringen. Im Gegenteil ist durch die kürzeren Laufzeiten mit höheren Preisen für die Verträge zu rechnen.

Aufgedrängte oder untergeschobene Verträge sind nicht nur für die Verbraucher ein Ärgernis, auch für die vielen Lieferanten, die sich an die bestehenden gesetzlichen Regeln halten, sind sie problematisch. Denn hier verschaffen sich einzelne Unternehmen einen unlauteren Wettbewerbsvorteil und diskreditieren zudem die gesamte Branche. Die Vorschläge des BMJV sind jedoch nicht praxisgerecht. Sie erzeugen hohen zusätzlichen Aufwand und vermögen trotzdem nicht, das unerwünschte Verhalten abzustellen. Es fehlt daher an Angemessenheit als auch an Geeignetheit. Der bne fordert deshalb eine Lösung, die effektiver und mit weniger Aufwand verbunden ist.

Im Folgenden werden die Anmerkungen des bne zu den einzelnen Vorschlägen dargestellt:

Artikel 1

Zu 2. Änderung § 309 Nummer 9:

a) Eine Verkürzung der zulässigen Vertragslaufzeiten von zwei Jahren auf ein Jahr hat bei diesen Energielieferverträgen deutlich negative Auswirkungen für die Verbraucher. Es entstehen bei der Aufnahme von Lieferverträgen einmalige Kosten, die dann innerhalb der kürzeren Laufzeiten der Verträge von den Lieferanten verdient werden müssen. Verträge mit kürzeren Laufzeiten müssen deshalb zu höheren Preisen für die Verbraucher führen.

Im Markt sind viele Angebote für Energielieferverträge mit den unterschiedlichsten Bedingungen, auch deutlich kürzeren Laufzeiten, verfügbar. Die Kunden können damit entsprechend ihrer Präferenzen entscheiden, ob sie eher Wert auf die Laufzeit, den Preis, oder andere Konditionen setzen. Nicht alle Kunden möchten jedes Jahr aufs Neue den Lieferanten wechseln und bevorzugen auch deshalb eine längere Vertragsbindung. Zudem stellen Verträge mit längerer Laufzeit auch einen Schutz vor steigenden Preisen dar. Kunden, die eine solche Absicherung wünschen, hätten diese Möglichkeit nicht mehr. Mit einer gesetzlichen Beschränkung der Laufzeiten auf ein Jahr wird Kunden, die längere aber dafür günstigere Verträge bevorzugen, eine wichtige Wahlmöglichkeit genommen.

Gleichzeitig ist nicht erkennbar, dass diese Nachteile durch eine Belebung des Wettbewerbs ausgeglichen werden können. Die erwartete Wettbewerbsbelebung wird vom bne als eher gering eingeschätzt. Die möglichen Kosteneinsparungen durch die längeren Laufzeiten sind in der Gesamtrechnung bedeutend und können von den Lieferanten nicht durch Kostensenkungen an anderer Stelle kompensiert werden. Ein ähnliches Preisniveau wie mit Verträgen mit langer Laufzeit ist deshalb auch mit der erhofften Belebung des Wettbewerbs nicht erreichbar.

Bereits die heutige Beschränkung der Vertragslaufzeiten auf zwei Jahre behindert die Entwicklung energiewirtschaftlich sinnvoller, innovativer Produkte. Insbesondere Produkte, die mit der Installation von technischen Geräten, wie z.B. Speichern, Solaranlagen oder Steuerungsgeräten und Messtechnik verbunden sind, können bei Vertragslaufzeiten von höchstens zwei Jahren nicht wirtschaftlich angeboten werden. Dabei könnten solche Produkte erheblich zur Verbreitung neuer, innovativer Technologien beitragen, da den Kunden über die Laufzeit des Vertrages wirtschaftliche Risiken abgenommen werden können und die Kunden langfristig Einsparungen realisieren können. Für solche Produkte sind Laufzeiten von fünf Jahren sinnvoll. Statt der vorgeschlagenen Verkürzung der Vertragslaufzeiten wäre deshalb eine Öffnung der Vorgaben für Produkte, die mit dem Einbau von technischen Geräten verbunden sind, sinnvoll.

b) Die Begrenzung der stillschweigenden Verlängerung von Vertragsverhältnissen von bisher 12 Monate auf drei Monate wird bei Energielieferverträgen ebenfalls zu höheren Preisen führen. Der Energieverbrauch unterliegt deutlichen saisonalen Schwankungen, die sich auch in den Preisen an den Großhandelsmärkten widerspiegeln. Damit entstehen den Lieferanten bei einer stillschweigenden Verlängerung der Verträge um lediglich drei Monate zusätzliche Mengenund Preisrisiken, die die Lieferanten in ihre Angebote einpreisen müssen.

Auch bei der stillschweigenden Verlängerung von Verträgen haben die Kunden heute verschiedene Angebote zur Auswahl. Viele Kunden entscheiden sich auch hier für die preisgünstigere Variante mit einer jährlichen Verlängerung. Aufgrund der Kostenstruktur der Großhandelsmärkte wird auch die angenommene Wettbewerbsbelebung jedenfalls nicht die Kostennachteile kompensieren können. Im Ergebnis führt deshalb auch diese Änderung zu höheren Verbraucherpreisen.

Angesichts der besonderen Konstellation der Kosten der Energielieferverträge, insbesondere der über das Jahr deutlich schwankenden Beschaffungskosten für Energie, fordert der bne, Energielieferverträge aus der Neuregelung des § 309 Nummer 9 BGB herauszunehmen, da sich diese deutlich nachteilig für die Verbraucher auswirken würden. Stattdessen sollte für besondere Vertragskonstellationen im Kontext Energie eine eigene Regelung geschaffen werden, die auch längere Vertragslaufzeiten zulassen, um neue und innovative Produkte, die eine aktive Teilnahme der Verbraucher an der Energiewende ermöglichen, zu unterstützen.

Zu 4. Änderung § 312c:

b) Die Bestätigungslösung erscheint nicht geeignet, die Verbraucher vor untergeschobenen Verträgen zu schützen. Die gesetzlichen Hürden zum Abschluss von Verträgen per Telefon sind bereits jetzt hoch. Die Verträge müssen den Verbraucher zugesendet werden und ein Formular für den Wiederruf beigelegt werden. Der Verbraucher kann damit schon heute mit geringem Aufwand das Zustandekommen eines Vertrages abwenden. Problematisch sind deshalb allein die (wenigen) Lieferanten, die die gesetzlichen Vorgaben nicht beachten.

Der Versuch, diejenigen die sich nicht an Recht und Ordnung halten, dadurch zu besserem Tun zu bewegen, indem man denen, die sich daran halten, weitere Erschwernisse vorgibt, erscheint paradox. Denn den nicht gesetzestreuen Lieferanten ist auch mit der Bestätigungslösung nicht beizukommen: Sie können, so wie sie heute bereits ohne gültige Vollmacht ein Lieferantenwechsel vollziehen, auch in Zukunft ohne Vorliegen einer Bestätigung einen Wechsel des Lieferanten durchführen. Die Bestätigung ist dabei nicht einmal geeignet, die Beweisführung zu verbessern, denn mit der Vollmacht in Textform, bzw. ihrem Fehlen, kann auch heute schon ein entsprechender „Nachweis“ geführt werden.

Die Bestätigungslösung führt jedoch zu erheblichem Mehraufwand für die gesetzestreuen Lieferanten und erhöht auch den Aufwand für die Verbraucher massiv. Es darf nicht übersehen werden, dass Verbraucher auch aus eigenem Antrieb Lieferanten anrufen und Verträge telefonisch abschließen, eben weil dies mit wenig Aufwand für sie verbunden ist. Diese, für Verbraucher sehr bequeme, Möglichkeit zum Abschluss von Verträgen würde mit der Bestätigungslösung so erheblich erschwert, dass die Verbraucher den Vorteil eines telefonischen Vertragsabschlusses nicht mehr hätten.

Es muss deshalb eine praxisgerechte, aufwandsarme und treffsichere Lösung für das Problem der untergeschobenen Verträge gefunden werden. Bisher ist für die gesetzestreuen Lieferanten häufig nicht erkennbar, ob ein Marktteilnehmer systematisch mit fehlenden Vollmachten agiert. Dies liegt auch daran, dass bei der großen Anzahl von Lieferanten nur jeweils einzelne Fälle bei den einzelnen Lieferanten auftreten. Eine rechtliche Verfolgung solcher Fälle ist zugleich mit hohem Aufwand verbunden, so dass häufig darauf verzichtet wird. Diese Schwachstellen der heutigen Verfahrensweise sollten bei einer Neuregelung adressiert werden.

Schließlich muss angemerkt werden, dass untergeschobene Verträge nicht allein bei Energielieferverträgen auftreten. Auch scheinen die Fallzahlen bei Energielieferverträgen nicht problematischer als bei anderen Verträgen zu sein. Es ist deshalb nicht klar, warum hier eine spezielle Vorschrift für den Energiesektor geschaffen werden muss.

Zu 5. Änderung § 312f:

b) Die Änderung ist eine Folgeänderung zu Ziffer 4 und wird deshalb ebenfalls abgelehnt.

Artikel 3

Zu 1. Änderung § 7a:

1.) Die Verlängerung der Dokumentationspflichten schießt über das Ziel hinaus und ist in dieser Form nicht mehr sachgerecht. Die heutige Rechtsprechung geht von einer Aufbewahrungspflicht von 3 Jahren aus. Mit dieser Frist können die Unternehmen allen Pflichten nachkommen, insbesondere auch den Dokumentationspflichten für die Einwilligung in Telefonwerbung. Hier sollte nicht übersehen werden, dass eine solche Einwilligung nach aktueller Rechtsprechung nicht unbegrenzt Gültigkeit behält. Auch deshalb hat sich in der Rechtsprechung eine Frist von drei Jahren herausgebildet. Es ist im Interesse einer Aufwandsbegrenzung und auch aus Datenschutzgründen sinnvoll, die Aufbewahrungsfristen auf drei Jahre zu begrenzen.

Wünschenswert ist eine präzisere Beschreibung, was mit „angemessener Form“ gemeint ist. Mit der vorliegenden Formulierung ist absehbar, dass zunächst neue Rechtsunsicherheit entsteht.

2.) Die in der Änderung des §20 Absatz 1 Nummer 2 genannte Frist von fünf Jahren muss ebenfalls in 3 Jahre geändert werden.

Artikel 4

Die im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen erfordern erheblichen Aufwand zur Umsetzung, der Aufwand für die Unternehmen wird vom Ministerium unterschätzt. Es wäre deshalb eine Umsetzungszeit von mindestens 6 Monaten vorzusehen.

 

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Arndt Börkey

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