Energiewende vor Ort, Positionspapiere, Strommarkt
27.09.2019

Sieben Punkte-Plan für ein besseres Mieterstromgesetz

Zwölf Verbände, u.a. der Bundesverband Neue Energiewirtschaft, haben sieben konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen Mieterstrom endlich attraktiver werden kann. Dazu gehört, dass die Förderung von Mieterstrom und Eigenstrom der Hauseigentümer gleichgestellt wird und dass ein großer Anteil der Mieterstromvergütung auch bei den Haushalten ankommt. Die bürokratischen Hürden müssen abgebaut werden, sodass Mieterstrom auch für kleine Mehrfamilienhäuser bis zu sechs Wohnungen attraktiv wird. Die enge räumliche Begrenzung des Mieterstroms muss erweitert werden. Nur so können auch Bewohner von Nachbargebäuden, auf denen keine Photovoltaik-Anlagen installiert werden können, in den Genuss von günstigem Mieterstrom gelangen. Nicht zuletzt müssen steuerliche Hemmnisse für Vermieter abgebaut und genehmigungsfristen verkürzt werden.

Link zum Sieben-Punkte-Plan für ein besseres Mieterstromgesetz: Mieterstrom endlich zum Durchbruch verhelfen | 24.09.2019 (pdf-Dokument, 365.77 KB) auf der Webseite des vzbv.

Der Bund der Energieverbraucher, der Bundesverband deutscher Wohnungsund Immobilienunternehmen e.V. (GdW), der Bundesverband der Energieund Klimaschutzagenturen Deutschlands e. V. (ead), der Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. (bne), der Bundesverband für Solarwirtschaft e. V. (BSW), der Deutsche Genossenschaftsund Raiffeisenverband e. V. (DRGV), der Deutsche Mieterbund (DMB), die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Deutsche Verband für Wohnungswesen Städtebau und Raumordnung e.V. (DV), Haus & Grund, Wohnen im Eigentum e. V. und der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) fordern die deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine breite Einführung von Mieterstrom und einen attraktiven Strompreis für die Bewohner von Mehrfamilienhäusern. Die Verbände legen dazu einen Sieben-Punkte-Plan vor.

Finanzielle Förderung von Eigenstromverbrauch und Mieterstromverbrauch gleichstellen

In Deutschland gibt es etwa 22 Millionen private Haushalte in Mehrfamilienhäusern. Während der Eigenverbrauch von Solarstrom von Hauseigentümern von der EEG-Umlage vollständig (Solaranlagen unter 10 Kilowatt) oder zu 40 Prozent (Anlage über 10 Kilowatt) befreit ist, fällt diese für die Nutzung von Mieterstrom in voller Höhe an. Im Jahr 2019 beträgt die EEG-Umlage 6,4 Cent pro Kilowattstunde (Cent/kWh). Im Gegenzug wird der Verbrauch von Mieterstrom zwar mit einem Mieterstromzuschlag gefördert. Dieser betrug 2017 nur ca. 2,2 – 3,8 Cent/kWh je nach Anlagengröße. Inzwischen ist der Betrag häufig auf unter ein Prozent abgeschmolzen und wird in absehbarer Zeit auf null fallen. Der Mieterstromzuschlag muss entsprechend der Differenz angehoben werden. Sollte es zu einer Absenkung der Stromsteuer kommen, ist auch dies bei der Neuberechnung des Mieterstromzuschlages zu berücksichtigen.

Finanzielle Förderung muss bei Mietern und Wohnungseigentümern in Mehrfamilienhäusern ankommen

Die finanzielle Unterstützung für Mieterstrom wird zwischen den Vermietern als Hausund damit Dachflächeneigentümern, den Mietern und selbstnutzenden Wohnungseigentümern des Mehrfamilienhauses und ggf. noch den Energiedienstleistern aufgeteilt. Für den Erfolg des Mietstroms ist von zentraler Bedeutung, dass ein großer Anteil der Mieterstromvergütung auch bei den Haushalten ankommt.

Private Haushalte, die nicht vom Mieterstrom profitieren können, aber diesen anteilig mitfinanzieren, müssen im Rahmen einer Reform des Strompreises entlastet werden.

„Lokalstrom“ einführen

In Deutschland gibt es etwa vier bis fünf Millionen Gebäude mit zwei bis sechs Wohnungen. Um Mieterstrom auch für diese kleinen Mehrfamilienhäuser attraktiv zu gestalten, müssen bürokratische Hürden durch Bagatellgrenzen entfernt werden. In Anlehnung an die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie schlagen wir dafür das Modell des „Lokalstroms“ vor. Lokalstrom würde die Selbstversorgung durch Mieterstrom oder Eigenstrom technisch und juristisch gleichstellen. Die Politik muss auch die Artikel 21 und 22 der EU-ErneuerbareEnergien-Richtlinie implementieren, wonach sowohl die Eigenversorgung als auch gemeinsam handelnde Eigenversorger gestärkt werden sollen. Hierbei gilt es jedoch, praxistaugliche Regelungen zu schaffen, die weder die etablierten Geschäftsmodelle behindern noch einen unkontrollierten Wildwuchs befördern. In Folge können vielfältige Energieversorger-Pflichten für diese Gebäude entfallen.

Definition „räumlicher Zusammenhang“ weiter fassen

Auch die enge Begrenzung für Lieferung und Verbrauch von Mieterstrom auf den „unmittelbaren räumlichen Zusammenhang“ blockiert die Umsetzung von Mieterstromprojekten. Darüber hinaus hat die unklare Definition des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs“ von Mieterstrom-Anlagen zur Folge, dass in der Praxis häufig aufwendige juristische Einzelfallentscheidungen getroffen werden müssen. Lokal erzeugter erneuerbarer Strom braucht deshalb einen eindeutigen räumlichen Bezug unabhängig von den Personengruppen, die ihn vor Ort verbrauchen.

Die Regelung grenzt nicht zuletzt Bewohner von Nachbargebäuden aus, deren Dach ungünstiger ausgerichtet ist. Sie ist damit auch sozial ungerecht. Gebäude im räumlichen Zusammenhang, z. B. innerhalb einer Kundenanlage, einer Wohnblockbebauung oder in einem Quartier, sollten in Kombination mit weiteren Erzeugungsund Speicheranlagen mit Mieterstrom versorgt werden dürfen, ohne dass dadurch die Förderwürdigkeit von Mieterstrom entfällt. Dafür bedarf es einer möglichst breiten, an der Netzinfrastruktur orientierten Auslegung. Nur so lässt sich die Energiewende tatsächlich in die Städte bringen.

Steuerliche Hemmnisse für Vermieter abbauen

Mieterstromprojekte werden auch dadurch ausbremst, dass Wohnungsunternehmen und Immobilienbesitzer aus steuerlichen Gründen kaum Mieterstrom selbst anbieten, solange dies zum Verlust der Gewerbesteuerbefreiung für die Vermietungstätigkeit insgesamt führt. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Mieterstromgesetzes sind damit Folgeänderungen im Gewerbesteuergesetz dahingehend, dass auch der Betrieb von Solaranlagen auf Hausdächern grundsätzlich wie der Betrieb von Heizungsanlagen anerkannt wird.

Genehmigungsfristen verkürzen und Solardeckel aufheben

Die Genehmigung der Inbetriebnahme von Mieterstromanlagen dauert heute bis zu über sechs Monate und verzögert die Einführung von Mieterstrom zusätzlich. Die Genehmigungsdauer sollte daher auf maximal zwei Monate verkürzt werden. Der Solardeckel in Höhe von 52 Gigawatt muss aufgehoben werden.

Contractingmodelle mit Drittanbietern ermöglichen

Derzeit herrscht Unklarheit darüber, ob eine Personenidentität von Betreibern der Mieterstromanlagen und den Stromlieferanten erforderlich ist oder nicht. Wäre eine solche Personenidentität erforderlich, könnte Solarstrom innerhalb der Mieterstromanlage nicht an einen Dritten geliefert werden, der im weiteren Verlauf der Lieferkette den Strom wiederum an die Hausbewohner liefert.

Demnach können Energieversorger keine direkten Mieterstrommodelle anbieten. Die mögliche Verpachtung von Dächern mit Solaranlagen ist keine befriedigende Lösung. Es braucht eine Klarstellung für eine diskriminierungsfreie Umsetzung bei der Inanspruchnahme des Mieterstromzuschlags in diesen Fällen.

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Alexander Karasek

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