Regulatorische Hürden für einen rentablen und praxisgerechten Einsatz von Batteriespeichern abbauen
Berlin, 10. Dezember 2019. Batteriespeicher können zentrale energiewirtschaftliche Leistungen erbringen, die durch den Zubau fluktuierender erneuerbarer Energien (EE) dringend benötigt werden. In Zeiten hoher EE-Einspeisung nehmen sie überschüssigen Strom auf und stellen ihn bei Bedarf für die spätere Nutzung zur Verfügung. Zudem können Speicher für Systemdienstleistungen, wie z.B. die Bereitstellung von Blindleistung, für einen sicheren Netzbetrieb eingesetzt werden. Um das wertvolle Flexibilitätspotential von Batteriespeichern zu realisieren, müssen die regulatorischen Hürden für deren rentablen und praxisgerechten Einsatz abgebaut werden. Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V. (bne) stellt in seinem Positionspapier den erforderlichen Änderungsbedarf dar.
Um das Flexibilitätspotential der Batteriespeicher kosteneffizient zu nutzen, ist es notwendig:
die Abgaben-, Umlagen- und Entgeltsystematik zu überarbeiten
die Anforderungen für eine Teilnahme am Regelenergiemarkt anzupassen
Bau, Eigentum und Betrieb von Speichern ausschließlich wettbewerblich zu organisieren
Folgend werden diese Voraussetzungen näher beschrieben.
Überarbeitung der Abgaben-, Umlagen- und Entgeltsystematik erforderlich
Die momentane Abgaben-, Umlagen- und Entgeltsystematik behindert den rentablen Betrieb von Batteriespeichern und erschwert damit die Freisetzung ihres Flexibilitätspotentials. Zum Änderungsbedarf im Detail:
Rechtsicherheit stärken
Es besteht erhebliche Unsicherheit bei Unternehmen und privaten Speicherbetreibern, welche rechtlichen Anforderungen an den Einsatz von Speichern gelten. Aktuell wird das Einspeichern von Strom als Letztverbrauch und das Ausspeichern als Erzeugung behandelt und nur in einzelnen Sonderbestimmungen explizit geregelt. Die rechtlichen Vorgaben für Verbraucher und Erzeugungsanlagen berücksichtigen jedoch nicht die besonderen technischen Eigenschaften von Speichern, so dass es häufig zu Unklarheiten bei deren Anwendung auf Speicheranlagen kommt. Es ist etwa offen, ob bzw. inwieweit Heimspeicher den Vorgaben für Erzeugungsanlagen zur Fernsteuerung unterliegen (z.B. § 9 EEG, VDE-AR 4105).
Die Sonderregelungen für Speicher sind zudem sehr komplex, unübersichtlich und missverständlich formuliert. Bspw. ist unklar, ob die Privilegien für Speicher zur Befreiung von Netzentgelten und Stromsteuer auch bei multivalenten Geschäftsmodellen, also der Kombination verschiedener Geschäftsmodelle, gelten (§ 118 Abs. 6 EnWG, § 5 Abs. 5 StromStG). Die bestehende Rechtsunsicherheit bedeutet ein großes finanzielles Risiko für den Speicherbetrieb. Der regulatorische Rahmen für die Zwischenspeicherung von Strom muss daher unbedingt überarbeitet werden, denn nur mit einem Mindestmaß an Planungssicherheit durch verständliche und widerspruchsfreie Regeln werden Unternehmen und private Haushalte die für die Energiewende erforderlichen Investitionen in Speicheranlagen tätigen.
Einheitliche Anforderungen an Messung und Abrechnung
Die Anforderungen an Messung und Abrechnung von zwischengespeichertem Strom sind nicht praxisgerecht und mindern die Rentabilität des Speicherbetriebs unnötig. Die Auswahl eines geeigneten Messkonzeptes liegt grundsätzlich beim Anlagenbetreiber, doch der Netzbetreiber ist für die Prüfung verantwortlich, ob das Messkonzept den energierechtlichen Vorgaben entspricht. Die über 800 Verteilnetzbetreiber in Deutschland stellen dabei jeweils unterschiedliche Ansprüche an die Messkonzepte für Speicher, so dass eine bundesweite Skalierung von Produkten nicht möglich ist. Es ist eine Standardisierung der Anforderungen nötig. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) hat im Hinweis „Anschluss und Betrieb von Speichern am Niederspannungsnetz“ verschiedene Messkonzepte für zwischengespeicherten Strom aufgestellt. Es ist dringend geboten, dass diese durch eine entsprechende Festlegung der Bundesnetzagentur (BNetzA) bundesweit gültig werden.
Ermöglichung multivalenter Geschäftsmodelle
Die multivalente Nutzung von Speichern wird v.a. durch das sogenannte Ausschließlichkeitsprinzip verhindert. Sobald nicht nur Strom aus erneuerbaren Energien, sondern auch aus fossilen Quellen in einer Anlage gespeichert wird, verliert der EE-Strom seine „grüne“ Eigenschaft und damit auch seine Förderfähigkeit nach dem EEG. Die gleichzeitige Nutzung von Speichern zur Einspeisung von EE-Strom in das Netz und zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen, etwa negativer Regelenergie, lohnt sich daher wirtschaftlich meist nicht. Das bereits vorhandene Flexibilitätspotential von Speichern wird nicht ausgeschöpft. Es muss eine anteilige Beibehaltung der EEG-Förderfähigkeit von zwischengespeichertem EE-Strom ermöglicht werden – ohne übermäßige administrative Anforderungen.
Handlungsempfehlung des bne
- Überarbeitungsbedarf des regulatorischen Rahmens für die Zwischenspeicherung von Strom im Branchenaustausch identifizieren
- Anforderungen an Messung und Abrechnung durch BNetzA-Festlegung bundesweit vereinheitlichen
- Anteilige Beibehaltung der EEG-Förderfähigkeit von zwischengespeichertem EE-Strom ermöglichen
Diskriminierungsfreien Zugang zum zum Regelenergiemarkt sicherstellen
Momentan werden Zusammenschlüsse dezentraler Anlagen, z. B. von Speichern, beim Zugang zum Regelenergiemarkt ggü. Großkraftwerken benachteiligt. Die Prozesse für Präqualifikation und Abruf von Regelenergie berücksichtigen nicht die besonderen Eigenschaften dieser sogenannten virtuellen Kraftwerke. Es sind bspw. für den Regelenergieabruf bei Großkraftwerken redundante Kommunikationswege wichtig; Bei einem Pool dezentraler, kleiner Anlagen fällt der Ausfall einzelner Einheiten jedoch weniger schwer ins Gewicht, d.h. virtuelle Kraftwerke sind insgesamt per se weniger schadensanfällig. Gerade im Hinblick auf den wachsenden Bedarf an Regelenergie durch die Energiewende ist es notwendig, die bestehenden Regelenergieprozesse und -anforderungen für einen diskriminierungsfreien Zugang dezentraler Anlagen zum Regelenergiemarkt zu überarbeiten. Dabei sollte weiterhin ein hoher Sicherheitsstandard virtueller Kraftwerke bei der Regelenergieerbringung eingehalten werden. Zusätzliche Regelenergiemengen könnten so mobilisiert und die Versorgungssicherheit der Strommärkte gesteigert werden.
Handlungsempfehlung des bne
Änderungsbedarf für einen diskriminierungsfreien Zugang virtueller Kraftwerke zum Regelenergiemarkt im Branchenaustausch erarbeiten
Ausschließlich wettbewerblicher Betrieb von Speichern
Es ist insbesondere im Hinblick auf die notwendige Entflechtung des regulierten Monopolbereichs marktschädlich, Netzbetreibern den Einsatz von Speichern zu gestatten. Netzbetreibern ist zu Recht die Erzeugung, Speicherung und der Vertrieb von Energie untersagt. Wenn Netzbetreiber Batteriespeicher betreiben, finanzieren Stromkunden über die Netzentgelte Bau und Betrieb der Anlagen. Dadurch tragen Netzbetreiber kein unternehmerisches Risiko und haben einen nicht vertretbaren Wettbewerbsvorteil ggü. marktwirtschaftlichen Anlagenbetreibern. Letztere müssen ihre Investitionen in Anlagen aus Markerlösen refinanzieren. Werden Speicher als Netzbetriebsmittel eingesetzt, droht somit eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung. Es muss daher bei der Umsetzung des europäischen Gesetzespakets „Saubere Energie für alle Europäer“ in nationales Recht entsprechend Artikel 36 und 54 der Strombinnenmarktrichtlinie festgelegt werden, dass Eigentum, Errichtung und Betrieb von Speichern Marktakteuren vorbehalten ist.
Handlungsempfehlung des bne
Bei Umsetzung von Artikel 36 und 54 der Strombinnenmarktrichtlinie in nationales Recht festlegen, dass Netzbetreibern Eigentum, Bau und Betrieb von Speichern nicht gestattet ist
Ausblick: Berücksichtigung mobiler Speicher
Perspektivisch werden zudem Batteriespeicher in Elektrofahrzeugen eine wichtige Rolle für die Energiewirtschaft spielen. Auch mobile Speicher können etwa zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen wie Blindleistung oder als Heimspeicher genutzt werden, wie Pilotprojekte zeigen. Um diese Flexibilität zukünftig effektiv nutzen zu können, ist es wichtig, die Rückeinspeisung von Ladestrom bei der Entwicklung des regulatorischen Rahmens für Batteriespeicher mitzudenken und mobile ggü. stationären Speichern nicht zu diskriminieren.