Berlin, 2. September 2019: Am 2. September 2016 traten in Deutschland das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende sowie das Messstellenbetriebsgesetz in Kraft. Sie regeln den Messstellenbetrieb und den Rollout von modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen. Letztere ermöglichen das sogenannte Smart Metering, also den automatischen Versand von Messdaten von z.B. Hausanschlüssen, Geräten, Elektrofahrzeugen über ein Kommunikationsnetz. Das Zwischenfazit nach drei Jahren von Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft: „Die Digitalisierung des Energiesystems birgt die Chance, die Produktivität des derzeitigen Energiesystems zu steigern und neue Produkte und Dienstleistungen zu ermöglichen. Im Unterschied zu vielen anderen Branchen, in denen die Digitalisierung bereits grundlegende Veränderungsprozesse gebracht hat, steht in der Energiewirtschaft dieser Wandel erst noch bevor. Eine Ursache dafür ist sicherlich der bislang erfolglose Prozess der Smart-Meter-Gateway-Zertifizierung. Er führ zu Attentismus bei Nutzern und Unternehmen. Zwar stehen ihnen schon heute freie Messsysteme zur Verfügung, um innovative Energieprodukte, Laststeuerung, Verbrauchsvisualisierungen oder Smart-Home-Produkte umzusetzen. Doch viele warten stattdessen den Rollout der zertifizierten Systeme ab – und das schon seit Jahren. Daher sollte der Gesetzgeber endlich erkennen, dass der gewählte Weg der BSI-Zertifizierung in die Irre führt und es dringend notwendig ist, dass Messstellenbetriebsgesetz für Innovationen zu öffnen.“
Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende im Jahr 2016 den sogenannten Smart-Meter-Rollout verordnet. Das Gesetz sieht vor, dass Messstellenbetreiber Letztverbraucher und Erzeugungsanlagen bis 2032 mit modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsysteme ausstatten.
Austausch der Messgeräten kommt nur langsam voran
Laut Monitoringbericht der Bundesnetzagentur (Stand Mai 2019) sind von 41,2 Millionen Zählpunkten bei Haushaltskunden rund 558.500 mit modernen Messeinrichtungen und rund 462.000 mit Messsystemen ausgestattet. Intelligente Messsysteme (moderne Messeinheit kombiniert mit einer Kommunikationseinheit (Smart-Meter-Gateway)) sind bisher noch nicht verbaut. Drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Gesetze zeigt sich also eine bizarre Situation: Auf dem Markt sind freie Messsysteme erhältlich, die innovative Energieprodukte ermöglichen. Doch der Einbau dieser Geräte nimmt kaum Fahrt auf. Anwender warten stattdessen auf die Markterklärung für Smart-Meter-Gateways durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Diese verzögert sich seit mehreren Jahren und wird doch bis auf weiteres lediglich Geräte zertifizieren, die nur ein sehr begrenztes Anwendungsbereich haben. Moderne Anwendungen wie zum Beispiel variable Stromtarife, Smart-Home-Anwendungen, Ladestromtarife für Elektroautos, systemdienliche Steuerung von Erzeugungsanlagen oder variablen Lasten sind damit weiterhin nicht möglich. „Wir hoffen, dass trotz Markterklärung freie Messsysteme für eine Vielzahl von Anwendungsfällen weiter hin verwendet werden können, weil die zertifizierten Geräte der ersten Generation kaum einen Mehrwert zu den alten Ferraiszählern bieten“, so Robert Busch. Ihr großer Vorteil: Freie Messsysteme ermöglichen, beschleunigen und automatisieren die Kommunikation, den Datenaustausch und die Reaktionen zwischen Akteuren, Geräten und Systemen. „Um den seit Jahren herrschenden Attentismus beim Einbau von Messsystemen aufzulösen, braucht es endlich ein Umdenken der Politik. Sie muss den BSI-Zertifizierungsprozess grundsätzlich reformieren und die gesetzlichen und behördlichen Vorgaben auf grundlegende Mindestanforderungen beschränken. Dann wäre es auch in Deutschland möglich, mit einem flächendeckenden Rollout innovativer Messsysteme zu beginnen, die sowohl einen attraktiven Kundennutzen bieten und den Rollout zu bezahlbaren Kosten ermöglichen.“
Breites Anwendungsfeld intelligenter Messsysteme
Einen detaillierten Überblick über das weite Feld der Anwendungen von intelligenten Messsystemen gibt der Leitfaden „Geschäftsmodelle und Rechtsrahmen der digitalen Energiewende“ des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft. Auf knapp 100 Seiten beschreibt er die rechtlichen Vorgaben für den Betrieb von Messsystemen und gibt einen Überblick über Anwendungsbeispiele in der Energiewirtschaft, bei der Steuerung dezentraler Erzeuger und Lasten, im Bereich der Elektromobilität oder des Submeterings. Er richtet sich an Akteure, die eine Großteil ihrer Wertschöpfung in der Energiewirtschaft erlösen: Messstellenbetreiber, Hersteller von Messgeräten, Stromlieferanten, Energiedienstleister, Direktvermarkter, Stadtwerke und Prosumer.
Lektürehinweise:
Der bne-Leitfaden „Geschäftsmodelle und Rechtsrahmen der digitalen Energiewende“ bietet auf knapp 100 Seiten den Fokus auf Geschäftsmodelle, die mit dem Wandel der technischen Dimension „Messwesen“ zum „Smart Metering“ in der Energiewirtschaft möglich werden.
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