Berlin, 9. März 2020. Der bne begrüßt die Anhebung des CO2-Preises durch die vorliegende Gesetzesänderung. Mit der im Vermittlungsausschuss erzielten Einigung auf einen höheren CO2-Bepreisungspfad werden tatsächlich erste Signale zur CO2-Einsparung gesetzt. Der Einstieg in die CO2-Bepreisung bei 25 €/Tonne liegt zwar noch deutlich unter den CO2-Folgekosten, aber in Verbindung mit dem durchaus nicht unambitionierten Aufstiegspfad auf 55 €/T bis 2025 ist jetzt eine Signalwirkung vorhanden. Leider beseitigt die Änderung nicht die grundsätzliche Fehlkonstruktion des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG): extrem komplex und bürokratisch, teuer in der Umsetzung und rechtlich bedenklich. Der bne macht einen Vorschlag, wie den Gaslieferanten die Umsetzung des Gesetzes durch geeignete Standardisierung erleichtert werden kann und was bei der Ausgestaltung der Strompreissenkung zu beachten ist. Die Einführung neuer Privilegien im BEHG lehnt der bne strikt ab.
Es gibt keine Alternative zur geplanten Erhöhung der CO2-Preise. Vergangene Woche (5. März) offenbarten zwei Gutachten (beauftragt von BMU und BMWi), dass das 2019 von der Bundesregierung beschlossene Maßnahmenpaket nicht ausreichen wird, die für 2030 gesteckten Ziele zu erreichen. Ohne Weiteres werden die Sektoren Wärme und Verkehr ihre im Klimaschutzgesetz verankerten CO2-Emissionsminderungen drastisch verfehlen. Trotz Einführung einer CO2-Bepreisung durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz, werden die Maßnahmen nicht ausreichen, um die jeweiligen Ziele zu erfüllen, heißt es in dem veröffentlichten Gutachten des Öko-Instituts. Dabei haben die Gutachter die vom Vermittlungsausschluss beschlossenen höheren CO2-Preise bereits berücksichtigt. Die Erhöhung der Zertifikatspreise, auf die sich der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag verständigte, ist daher notwendig, um den Pfad zum Ziel nicht gänzlich zu verlassen. Alle von Regierungsseite beauftragten Experten schlugen im Sommer 2019 als niedrigen und sozialverträglichen Einstieg einen CO2-Preis i. H. v. 25 – 50 bzw. 35 Euro /Tonne CO2 im Jahr 2020 vor.
Verwunderlich ist allerdings, dass beim Preiskorridor für das Jahr 2026 gemäß Artikel 1 Ziffer 2b) BEHG-Änderung der Höchstpreis lediglich um 5 Euro auf 65 Euro / Tonne CO2 angehoben wird. Bei einem Preiskorridor von 55 bis 65 Euro, würde der Zertifikatspreis – 2026 gebildet im Versteigerungsverfahren – maximal 10 Euro über dem Preis für 2025 liegen. Somit würde das nationale Brennstoffemissionshandelssystem frühestens ab 2027 einen CO2-Preis zeigen, der die Knappheit der noch zulässigen CO2-Emissionen in Wärme und Verkehr wiederspiegelt.
Leider beseitigt die Änderung nicht grundsätzliche Fehlkonstruktionen des geplanten Brennstoffemissionshandels:
- Keine Knappheitssignale in den ersten 5 Jahren: Gemäß BEHG werden zwar jährliche Emissionsmengen festgelegt, jedoch wirken die zunächst nicht begrenzend auf die Ausgabe der Emissionszertifikate. Die Emissionszertifikate werden stattdessen in der Einführungsphase bis 2025 nach Bedarf ausgegeben, eine Begrenzung nach oben erfolgt nicht. Ein zentrales Element eines Emissionshandels – die Mengensteuerung – fehlt.
- Fehlendes Handelssystem für Emissionszertifikate: Das BEHG regelt in § 9 BEHG zwar die Übertragung von Zertifikaten zwischen Konten beim nationalen Emissionshandelsregister. Bislang ist jedoch keine Handelsplattform bekannt, auf der zu viel erworbene Emissionszertifikate veräußert oder hierüber nachgekauft werden können. Hierdurch entstehen den Inverkehrbringern von Brenn- und Kraftstoffen unnötige, zusätzliche Kosten.
- Keine langfristigen CO2-Preissignale für Wärme und Verkehr: Auch nach der Änderung des BEHG bleibt unklar, welche CO2-Preise ab 2027 zu erwarten sind. Ohne verlässliche Kalkulationsgrundlage fehlt die notwendige Planungssicherheit für langfristige Investitionen. Ein klarer, langfristig verankerter Preispfad im Rahmen einer Energiesteuerlösung bis 2030 wäre hier die bessere Lösung gewesen.
Ergänzung in § 7 Absatz 4 BEHG:
Umrechnung in Preis pro kWh Erdgas standardisieren
Der extreme Bürokratieaufwand, verteuert die Umsetzung des Gesetzes für Gaslieferanten unverhältnismäßig. Zum einen sind die zu berücksichtigenden Kosten nur schwer kalkulierbar, zum anderen bleibt der Lieferant beim Zahlungsausfall des Verbrauchers auch auf diesen Kosten sitzen. Zudem kündigen zahlreiche Verordnungsermächtigungen im BEHG eine Vielzahl weiterer Ausgestaltungsdetails an. Um die Umrechnung der Zertifikatspreise (Euro/Tonne CO2) auf die gelieferten Erdgasmengen (Euro/MWh bzw. Cent/kWh) für alle Beteiligten hinreichend transparent und aufwandsärmer zu gestalten, sollte der Verordnungsgeber auf Grundlage von § 7 Absatz 4 BEHG nicht nur Vorgaben zu den Standardwerten für die Emissionsfaktoren der Brennstoffe treffen, sondern dessen Umrechnung in einen Preis pro Kilowattstunde soweit wie möglich standardisieren. Bislang müssten für diese Umrechnung weitere – nicht bundesweit einheitliche Faktoren – herangezogen werden: der Brennwert (gemessener oder monatlicher Abrechnungsbrennwert?), der sich je nach Gasnetzgebiet und teilweise innerhalb dieser unterscheidet und sonstige kundenspezifische, netztopologische Faktoren der Gasabrechnung (z.B. Zustandszahl).
Der bne wirbt daher an dieser Stelle für eine wichtige Vereinfachung: In der Verordnung nach § 7 Absatz 4 BEHG werden für jede der beiden Gasqualitäten in Deutschland (H- und L-Gas) ein Umrechnungsbrenn- oder -heizwert festgelegt, der dann für alle Gaslieferungen in der entsprechenden Gasqualität gilt. Dies ist in der Verordnungsermächtigung von § 7 Absatz 4 BEHG zu ergänzen.Dies würde die Erstellung von Angeboten und Rechnungen gegenüber den Kunden als auch die Emissionsberichterstattung ein wichtiges Stück vereinfachen.
Stärkere Strompreisentlastung ist positives Signal für Sektorenkopplung. Es gibt Alternativen zur beihilferechtlich problematischen Senkung der EEG-Umlage
Entlastungsmaßnahmen müssen einfach, zielgerichtet und adressatengerecht gestaltet sein. Sie dürfen keinesfalls den bestehenden Förder- und Anreizdschungel weiter verdichten. Der bne begrüßt daher das Vorhaben der Bundesregierung, die zusätzlichen Erlöse aus dem höheren CO2-Preis für eine stärkere Senkung der Strompreise einzusetzen. Dies setzt wichtige und richtige Impulse für die Sektorenkopplung. Wird die Strompreissenkung allerdings wie angekündigt über eine entsprechende Absenkung der EEG-Umlage vorgenommen, könnte durch die nun doch direkt gegebene staatliche Beeinflussung der Umlagehöhe eine neue beihilferechtliche Problematik entstehen. Diese würde jede neue EEG-Novelle unsicherer machen und verzögern.
Das ist unnötig, denn für die Strompreisentlastung gibt es Umsetzungsalternativen – allen voran die Senkung der Stromsteuer sowie Streichung der übrigen Umlagen auf dem Strompreis. Die EEG-Umlage lässt sich bereits um rund 20 Prozent senken, wenn aus den Erlösen der Zertifikate die EEG-Privilegien finanziert werden. Siehe hierzu auch bne-Vorschlag abrufbar unter:
Grundsätzlich sehen wir es als ein geradezu fatales Versäumnis an, dass die Reform der nicht mehr zeitgemäßen Struktur der Steuern, Abgaben und Umlagen im Energiesektor noch immer nicht angegangen wurde.
BEHG nicht mit anwendungsspezifischen Ausnahmen verwässern
Jede Ausnahme vom BEHG, schwächt die Lenkungswirkung des Emissionshandelssystems wieder ab. Allein Regelungen, die Doppelbelastungen von einzelnen Verbrauchern im EU ETS und nationalen Brennstoffemissionshandel vermeiden, sind nach Ansicht des bne sachgerecht. Der bne lehnt jedoch strickt den von einzelnen Stakeholdern vorgetragenen Wunsch ab, bestimmte Verwendungsarten des Brennstoffs von der Emissionsberichterstattung und damit Pflicht zum Erwerb von Emissionszertifikaten zu befreien. Für die so privilegierten Verwendungsart wäre der CO2-Preis folglich Null. Diese Ausnahme würde dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufen.