Berlin / Frankfurt / Hannover / Leipzig, 8. April – Eine sichere, bezahlbare und klimaneutrale Stromversorgung – wie sich dieses Ziel marktwirtschaftlich und im Sinne der Klimaziele erreichen lässt, zeigt eine heute veröffentlichte Studie von Connect Energy Economics zur Ausgestaltung einer Absicherungspflicht im Strommarkt. Sie ist im Auftrag des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft e.V. (bne), DIE FAMILIENUNTERNEHMER, der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), der European Energy Exchange (EEX), des VEA – Bundesverband der Energieabnehmer und des ZVEI (Verband der Elektro- und Digitalindustrie) sowie einer Reihe von weiteren Unternehmen entstanden.
Die Studie liefert einen Vorschlag, wie sich der in den Koalitionsverhandlungen diskutierte „technologieoffene und marktwirtschaftliche Kapazitätsmechanismus“ durch eine Weiterentwicklung des Strommarkts ausgestalten ließe. Grundidee ist die Einführung einer Absicherungspflicht, also einer Verpflichtung der Stromversorger, ihre Lieferverpflichtungen abzusichern. Dies reizt Investitionen in tatsächlich benötigte steuerbare Leistung an und ermöglicht damit eine schnelle, marktwirtschaftliche und kostengünstige Organisation der Versorgungssicherheit. Damit kann auf eine zusätzliche teure Strompreisumlage für private Verbraucher und Unternehmen zur Finanzierung eines zusätzlichen Kapazitätsmarkts verzichtet werden, wie er aktuell von der Politik diskutiert wird.
Die Studie zeigt, wie die genaue Ausgestaltung einer solchen Absicherungspflicht aussehen könnte: Wer ist zur Absicherung verpflichtet? Was ist abzusichern? Wann und wie lange gilt die Pflicht? Wie kann die Absicherungspflicht erfüllt werden? Und wie wird eine Erfüllung und damit die Versorgungssicherheit gewährleistet? Die Vorteile der Absicherungspflicht, so die Autoren, seien eine marktbasierte und realistische Nachfrageprognose und technologieoffener Wettbewerb, der zu niedrigeren Kosten führt. Die Verpflichtung ließe sich unter anderem über den Terminmarkt, über Eigenerzeugung oder durch Nachfrageflexibilität erfüllen, wodurch ein hohes Maß an Wettbewerb und Innovation erreicht würde.
Die Absicherungspflicht baut auf bestehenden Regelungen und Marktprozessen zum Risikomanagement im Energiemarkt auf. In der jüngsten Reform der europäischen Strombinnenmarktrichtlinie ist zudem bereits eine „Hedging-Obligation“ angelegt. Dadurch lässt sich die Absicherungspflicht vergleichsweise einfach ausgestalten und erfordert keine langjährige und unsichere beihilferechtliche Genehmigung durch die EUKommission.
„Die Studie zeigt, die Absicherungspflicht ist der effizienteste Weg zu Versorgungssicherheit – marktbasiert, technologieoffen und ohne teure Umwege über planwirtschaftliche Kapazitätsmärkt“, sagt Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverband Neue Energiewirtschaft.
„Es geht hier nicht um die Frage, ob wir Versorgungssicherheit im Energiesektor benötigen. Diese Frage lässt sich klar mit Ja beantworten. Es geht einzig und allein um die Frage, wie wir diese organisieren. Mit staatlichen Eingriffen und Planwirtschaft – oder marktwirtschaftlich, mit Wettbewerb, Innovationen, Preisdruck, geringeren Kosten für Verbraucher und ohne Subventionen“, ergänzt Sven Höppner, Vorsitzender der energiepolitischen Kommission von DIE FAMILIENUNTERNEHMER.
Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer, sagt: „Die Strompreise sind für die Wirtschaft schon heute viel zu hoch. Weitere Preissteigerungen wären zusätzliches Gift für die wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig ist die Versorgungssicherheit für Unternehmen von entscheidendem Wert. Die Absicherungspflicht ermöglicht beides, da sie die Sicherheit der Versorgung über einen marktwirtschaftlichen Technologiewettbewerb so günstig wie möglich sichert.“
Peter Reitz, CEO der European Energy Exchange (EEX) kommentiert: „Die Studie zeigt, dass die Transformation des Energiesystems mit neuen, innovativen Ansätzen gelingt, statt mit alten Konzepten zentraler Kraftwerksausschreibungen. Die Absicherungspflicht setzt auf einen starken Strommarkt und auf die energiewirtschaftliche Kompetenz der Marktakteure, was sowohl der Dynamik der Energiewende als auch der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland Rechnung trägt.”
„Für unsere Unternehmen aus dem energieintensiven Mittelstand ist die Versorgungssicherheit von überragender Bedeutung. Genau das gilt aber auch für die Energiepreise. Deshalb unterstützen wir eine Absicherungspflicht, die marktwirtschaftlich und technologieoffen für eine Weiterentwicklung des Strommarktes sorgen kann“, sagt Christian Otto, Geschäftsführer VEA Bundesverband der Energieabnehmer e.V.
Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung ergänzt: „Die Aktivierung von Speichern und Nachfrageflexibilitäten ist ein zentraler Baustein für das Energiesystem der Zukunft. So lassen sich erneuerbare Energien integrieren und System- und Versorgungssicherheit steigern. Das hier entwickelte Modell einer Absicherungspflicht stärkt die bestehenden Marktmechanismen und schafft damit einen technologieoffenen und kosteneffizienten Lösungsraum für diese und weitere Formen steuerbarer Kapazitäten.“
Studienautor Marco Nicolosi, Geschäftsführer von Connect Energy Economics, kommt zu dem Schluss: „Die effektive Absicherungspflicht sichert kosteneffizient die Stromversorgung durch einen marktwirtschaftlichen, technologie- und innovationsoffenen Erkundungsprozess. Dadurch werden staatliche Detailplanungen vermieden, die durch die Subventionierung etablierter Technologien zu Pfadabhängigkeiten sowie erheblichen Regulierungs- und Kostenrisiken führen.“
Die von BNE, Die Familienunternehmer, DIHK, EEX, VEA und ZVEI und weiterer Unternehmen in Auftrag gegebene und von Connect Energy Economics erstellte Studie „Die Ausgestaltung der Absicherungspflicht“ ist hier zum Download verfügbar.