bne-Vorschläge zur Weiterentwicklung des MsbG und Aufnahme innovativer, sicherer und verbraucherorientierter Messlösungen im Bereich der digitalen Energiewende
Im September 2016 trat das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende mit dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) in Kraft. Demnach sollten ab 2017 Verbraucher mit einem Jahresstromverbrauch über 10.000 Kilowattstunden (kWh), EEG- und KWKG-Erzeuger mit installierten Leistungen über 7 kW sowie Verbraucher mit unterbrechbaren Lasten verpflichtend mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden; weitere Verbrauchergruppen sollen ab 2020 folgen. Auch heute – mehr als zwei Jahre später – sind keine intelligenten Messsysteme im Sinne des MsbG im Markt verfügbar. Keines der neun in der Zertifizierung bei Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) befindlichen Smart Meter Gateways hat bisher eine Zertifizierung erhalten. Der Rollout kann also nach wie vor noch nicht beginnen.
Nach Ansicht des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft e.V. (bne) ist der im MsbG angelegte Zertifizierungsprozess strukturell problematisch und Grund für den verzögerten Rollout. Leider hat es der Gesetzgeber versäumt, dem BSI präzise Vorgaben zum Zeit- und Kostenrahmen für die Zertifizierung zu setzen. Hinzu kamen sehr hohe Erwartungen der Politik bezüglich des Sicherheitsniveaus der intelligenten Messsysteme. Das BSI nimmt seinen Auftrag mehr als ernst: Es setzt die gesetzlichen Vorgaben so genau wie möglich und im Zweifel noch etwas genauer um mit dem Ziel, alles noch ein Stück sicherer zu machen. Der ganze Zertifizierungsprozess ist erkennbar zeitraubend und bremst Innovationen.
Erschwerend kommt hinzu, dass das BSI die Messsysteme der ersten Generation nur auf wenige Funktionen bezogen zertifiziert, d.h. die ersten Smart Meter Gateways werden nicht mehr Messdaten liefern können als bisher genutzte Zähler. Doch ohne geeignete intelligente Messsysteme fehlen dem Energiemarkt wichtige technische Voraussetzungen für die Umsetzung von neuen Geschäftsmodellen für die Erreichung der Klimaschutzschutzziele und das Vorankommen der Energiewende.
Während Deutschland noch auf die Markterklärung des BSI zur Verfügbarkeit der ersten Smart Meter Gateways wartet, entwickeln sich – getrieben durch die Innovationskraft der Unternehmen und durch das Internet der Dinge – neue Anwendungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle der Energiewende viel rasanter weiter als noch vor wenigen Jahren vermutet. Die mit der Digitalisierung einhergehende exponentielle Entwicklung macht auch vor dem Energiesektor nicht halt. Um nicht noch mehr Zeit und den Anschluss an international agierende Marktakteure zu verlieren, fordert der bne jetzt eine Öffnung des Messstellenbetriebsge-setzes für innovative Messsysteme und -lösungen sowie die Beschränkung der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben auf grundlegende Mindestanforderungen.
Der bne schlägt vor, dass das BSI zukünftig nur noch festlegt, welche Sicherheitsanforderungen von intelligenten Messsystemen zu erfüllen sind. Wie diese Anforderungen in Messlösungen umgesetzt werden, soll jedoch dem Hersteller überlassen bleiben. Dazu wird eine Selbstzertifizierung durch den Hersteller vor dem Inverkehrbringen des Messsystems nach Vorbild der EU-Eichrechtsvorgaben eingeführt, die Steuerbox wird aus dem Zertifizierungsprozess gestrichen und die sternförmige Verteilung der Messwerte an die Berechtigten soll auch vom Messstellenbetreiber erfolgen dürfen. Die Möglichkeit der dauerhaften Abweichung der Marktkommunikation im Gassektor vom Zielmodell ist zu streichen. Widersprüchliche Regelungen zwischen Eichrecht und anderen behördlichen Vorgaben sind zielorientiert aufzulösen und pragmatische Umsetzungswege zuzulassen. Die Einbauverpflichtung intelligenter Messsysteme bei Verbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch kleiner 6.000 kWh (sog. optionaler Einbaufall) ist mindestens auf jene Verbraucher mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen bzw. vorhandenen Flexibilitätspotentialen zu begrenzen. Darüber hinaus ist der Einsatz freier, d.h. nicht zertifizierter Messsysteme explizit zuzulassen und alternative Messlösungen sollen zukünftig gleichwertig zu Smart Meter Gateways genutzt werden dürfen.
Mit einem flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme zu bezahlbaren Kosten und mit dem jeweils erforderlichen Funktionsumfang, der attraktiven Kundennutzen schaffen kann, können Energieversorger und -dienstleister sofort loslegen – wenn die Politik es mit angepassten Rahmenbedingungen zulässt.