Berlin, 6. Dezember 2019. Die XI. Änderungsfassung zur Kooperationsvereinbarung zeigt erneut: Obwohl dessen Inhalte Netzbetreiber und Netznutzer gleichermaßen betreffen, ist es ein Regelwerk der Gasnetzbetreiber. Denn die Änderungen spiegeln vornehmlich die Wünsche von Ausspeisenetzbetreibern, Fernleitungsnetzbetreibern und Marktgebietsverantwortlichen wieder. Nach Einschätzung des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft e.V. (bne) zeigen manche der Anpassungsvorschläge zudem, dass die Ausgestaltung möglichst passend für Netzbetreiber gewählt wurde, die Interessen und Umsetzungsfolgen für den Markt wiederholt ignoriert werden. Dies ist etwa bei den neuen gesonderten Bedingungen für DZK-Bilanzkreise zu beobachten, die die DZK-Buchung für Letztverbraucher schlechter stellt. Auch bleiben trotz überarbeiteter Anreiz- und Netzkontensystematik fehlerhafte Allokationen in den meisten Fällen für Netzbetreiber folgenlos. Enttäuschend ist zudem, dass der Vorschlag des bne, die Fristen für Verteilnetzbetreiber an die frühere Veröffentlichungsfrist der Fernleitungsnetzbetreiber anpassen, nicht berücksichtigt wurde. Stattdessen nehmen die Regelungen zu Sicherheitsleistungen und Vorauszahlungen stetig zu – mit durchaus abschreckendem Charakter für den Netzzugang. Positiv anzumerken ist, dass – nicht zuletzt nach entsprechenden Hinweisen aus Bonn – endlich in der KoV klargestellt wird, die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung gilt auch für Verteilnetzbetreiber mit enty-exit-System sowie im Fernleitungsnetz. Dies forderte der bne seit vielen Jahren. Auch dass die Anpassung des Lieferantenrahmenvertrages (Anlage 3) bei dieser KoV ausgesetzt wurde, begrüßt der bne.
Die Anmerkungen des bne zu ausgewählten Punkten in den Konsultationsentwürfen:
Sicherheitsleistungen und Vorauszahlungen einfach und angemessen regeln
Bereits zur Themenliste der KoV XI hatte der bne eine weitere Verschärfung der Regelungen zu Sicherheitsleistungen und Vorauszahlungen zurückgewiesen. Denn dies könnte etwa bei Unternehmen, die deutschlandweit Gas vertreiben, erhebliche finanzielle Mittel binden. Korrekturen zu nicht mehr gültigen Verweisen sind berechtigt. Doch bei jeder KoV-Anpassung kommen hier neue Vorschriften hinzu – mit dem Ergebnis: Die Regelungen sind heute überkomplex und gehen im Zweifel immer zu Lasten der Marktteilnehmer. Die umfangreichen Ergänzungen für die Biogasbilanzierung dürften gar marktabschreckende Wirkung entfalten. Sicherheitsleistungen und Vorauszahlungen sind in der Kooperationsvereinbarung nicht nur in den diversen Verträgen geregelt, sondern darüber hinaus in einem extra Leitfaden. Für den bne stellt sich grundsätzlich die Frage, welchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn dieser Leitfaden erfüllt. Alles Notwendige ist bereits in den Verträgen geregelt. Der Leitfaden Sicherheitsleistung bläht das Regelwerk nach Ansicht des bne nur auf und wird zu Widersprüchen und Inkonsistenzen führen. Der bne fordert daher die Verhandlungsdelegation auf, eine ersatzlose Streichung dieses Leitfadens zu prüfen.
Bilanzierung: Bereitstellung Allokationsdaten durch Verteilnetzbetreiber
Die Bereitstellung von SLP- und RLM-Allokationsdaten erfolgt mehr als 10 Jahre nach Einführung von „GaBi Gas“ noch immer mit einer unangemessen hohen Fehlerquote. Dies wurde durch die von den Marktgebietsverantwortlichen vorgelegte Kosten-Nutzen-Analyse vom 1. Oktober 2018 gemäß „GaBi Gas 2.0“ unmissverständlich bestätigt und ebenfalls von der BNetzA in ihrer Mitteilung Nr. 4 zu „GaBi Gas 2.0“ kritisch angemerkt: “Die Untersuchung hat deutlich gemacht, dass immer noch eine erhebliche Anzahl von Netzbetreibern bei der Übermittlung einzelner Zeitreihen mindestens noch temporäre Defizite in Bezug auf die Einhaltung einer ausreichenden Übermittlungsqualität aufweist und damit noch nicht durchgehend einen ordnungsgemäßen Datenaustausch sicherstellt.“
Dabei bezieht sich diese Feststellung lediglich auf die Untersuchung der schlechtesten unter den rund 700 Ausspeisenetzbetreibern. In der Praxis sind Prognose- und Übermittlungsfehler wesentlich weiter verbreitet. Auch hat der Markt die Erfahrung gemacht, dass die fehlerhafte Bereitstellung der Allokationsdaten sehr oft gleichermaßen bei RLM als auch bei SLP auftreten. Während sich Netzbetreiber maximal über das Anreizsystem für fehlerhafte SLP-Allokationen rechtfertigen und nur im Extremfall mit der Zahlung einer Pönale an den MGV rechnen müssen, tragen die Lieferanten immer die Folgekosten der fehlerhaften Allokationsdaten.
Vor diesem Hintergrund sind die kleinen Schritte, mit denen eine bessere Qualität der Allokationsdaten der Ausspeisenetzbetreiber angereizt werden sollen, nicht annähernd ausreichend. Anreizinstrumente reichen nicht aus, wenn fehlerhafte Datenübermittlung in der Regel für den Netzbetreiber keine Konsequenzen nach sich zieht. Die Ankündigung der Beschlusskammer 7 in der erwähnten Mitteilung Nr. 4, sich auch 2020 die Netzbetreiber mit den meisten Allokationsfehlern genauer anzusehen, mag den einen oder anderen Netzbetreiber vielleicht bewegen, nach Verbesserungen zu suchen, löst aber nicht das grundlegende Problem fehlender Sanktionsmechanismen.
Prinzipiell begrüßt der bne die Anpassungen in der KoV XI bei der Anreiz- und Netzkontensystematik für SLP. Doch sind die Maßnahmen nicht genug. Es ist nach Ansicht des bne nicht gerechtfertigt, dass die Netzbetreiber mit der schlechtesten Datenqualität ermittelt werden, diese Information aber nicht auch dem Markt gegenüber transparent gemacht werden soll. Erst wenn sie die neue Prüfpflicht nicht befolgen und eine Pönale fällig wird, werden die Namen der betreffenden Netzbetreiber über den nachfolgenden Evaluierungsbericht mittelbar veröffentlicht. Leider enthält die neue KoV XI auch keine Maßnahmen, die endlich die Qualität der zweimal untertäglich bereitgestellten RLM-Allokationsdaten so verbessert, dass sie auch den Anforderungen der Bilanzkreisverantwortlichen gerecht werden. Da sind andere europäische Länder mit einer stündlichen Bereitstellung der RLM-Daten in ausreichender Qualität Deutschland ein ganzes Stück voraus. Der bne fordert die Verhandlungsdelegation auf, endlich wirksame Sanktionsmechanismen für dauerhaft bzw. wiederholt fehlerhafte Allokationsdatenbereitstellung in der Kooperati-onsvereinbarung zu verankern.