Vielfach werden bei der Betrachtung von Förderkosten von Energietechnologien Äpfel mit Birnen verglichen, was zu verzerrten Wahrnehmungen führt. Gemeint ist an dieser Stelle nicht, die bislang unzureichende Internalisierung externer Kosten (insb. Klimafolgekosten) bei fossilen Energieträgern. Vielmehr werden in der Wahrnehmung oft gleitende Marktprämien (Standard bei Erneuerbaren Energien) mit Fixprämien verwechselt. Ursache hierfür dürfte sein, dass nur Experten den Mechanismus bei gleitenden Marktprämien verstehen. Die an die Anlagenbetreiber gezahlte Förderung entspricht bei Erneuerbare-Energie -Anlagen keinesfalls dem Ausschreibungsergebnis. Ausgeschrieben wird bei Erneuerbare-Energie-Anlagen vielmehr der anzulegende Wert. Die gleitende Marktprämie ergibt sich aus dem Ausschreibungswert abzüglich dem Vermarktungswert des Stroms. Dieser Vermarktungswert lag bereits bei einigen Anlagen in einigen Monaten oberhalb des anzulegenden Wertes, so dass in diesen Monaten die gleitende Marktprämie sogar auf den Wert Null runterging.
Die bei KWK-Anlagen angewendete Fixprämie, der KWK-Zuschlag genannt wird, erhält der KWK-Anlagenbetreiber hingegen unabhängig vom Vermarktungswert. Die Gesamteinnahmen des KWK-Anlagenbetreibers aus der Stromeinspeisung in das Netz sind damit die Summe aus Vermarktungswert und Fixprämie.
Annahmen
Zur Einordnung der Ausschreibungsergebnisse ist daher eine Transparenz erforderlich, die dazu führt, dass Äpfel mit Äpfeln und Birnen mit Birnen verglichen werden können. Zur Vergleichbarkeit ist es erforderlich, die jeweiligen Marktwerte zu berücksichtigen. Da die Vermarktungswerte der Zukunft noch nicht vorliegen, wur-den in den Berechnungen hilfsweise die technologiespezifischen Vermarktungswerte des Jahres 2019 aufgenommen, die seit wenigen Tagen vorliegen. (siehe Transparenzseiten der Übertragungsnetzbetreiber). Es werden also die jeweiligen Zählungsströme ermittelt, die sich eingestellt hätten, wenn die Anlagen aus dieser Auswertung im Jahr 2019 betreiben worden wären.
Die Marktwerte wurden mit den monatlichen technologiespezifischen Produktionszahlen verrechnet, um dem unterschiedlichen Einspeisecharakter von Wind-, PV- und KWK-Anlagen Rechnung zu tragen. Bei der Photovoltaik wurden Monate mit dem Marktprämienwert Null berücksichtigt.
Bei der monatlichen Photovoltaik- und Windstromproduktion des Jahres 2019 wurden die Werte des FHG-ISE übernommen und auf eine Produktionsmenge pro Megawatt normiert.
Bei der KWK wurden ein modellierter Verlauf der Jahreserzeugung gemäß der Methodik des Netzentwicklungsplans Strom modelliert sowie die Monatsmittelwerte der EPEX-SPOT als Marktwerte gemäß Transparenzplattform der ÜNB zu Grunde gelegt.
Es wurden jeweils die letzten Ausschreibungswerte bei Photovoltaik (Oktober 2019) und Windenergie (Dezember 2019) sowie der KWK-Standard- und KWK-Innovati-ons-Ausschreibungen (jeweils 2. Dezember 2019) herangezogen. Sämtliche Aus-schreibungswerte sind gemäß BNetzA-Berechnung als durchschnittlich mengengewichteter Zuschlagswert angegeben.
Weitere Parameter
Beim Prämienvergleich zwischen gleitender Marktprämie bei Windenergie und Photovoltaik auf der einen und Fixprämien auf der KWK-Seite sollten noch einige Unterschiede mit bedacht werden:
- Für Solar- und Windstromanlagen wird die gleitende Marktprämie 20 Jahre gezahlt; die KWK-Fixprämie für eine gewisse Anzahl an Volllaststunden; die Stundenzahl wiederum hängt von bestimmten Parametern wie dem Umfang der Modernisierung ab. In diesem Zusammenhang sind ebenfalls die unter-schiedlichen Volllaststunden zu bedenken, die insbesondere im Vergleich der KWK (mehrere tausend Volllaststunden) mit der Photovoltaik (rund tausend) sehr unterschiedlich zu Gunsten der KWK sind.
- Bei Photovoltaikanlagen sieht das EEG eine Größenbegrenzung bei 10 MW vor, oberhalb der Photovoltaikanlagen günstiger wären, aber nicht gefördert werden; bei KWK-Ausschreibungen liegt die Begrenzung zwischen 1 und 50 MW; KWK-Anlagen oberhalb 50 MW dürften aufgrund von Skaleneffekten durchschnittlich ebenfalls kosteneffizienter sein. Sie können aber auch geför-dert werden, müssen nur nicht durch die Ausschreibung.
- Photovoltaik- und Windenergieanlagen produzieren CO2-frei Strom. Die KWK-Ausschreibungsanlagen emittieren CO2, da sie Erdgas einsetzen; was weithin unbekannt ist: Der Wirkungsgradvorteil von KWK-Anlagen ist nur sehr bescheiden, wenn man sie mit der ungekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme, also klassischen Kraftwerken, vergleicht. Laut BMWi-Gutachten wird durchschnittlich eine Primärenergieeinsprung von nur 11 % erreicht. (Der CO2-Ausstoß bei Innovations-KWK-Anlagen liegt insg. etwas niedriger, da bei der Wärmeerzeugung auch Erneuerbare Energien eingesetzt werden. Auch ihr CO2-Ausstoß ist aber weiterhin nicht unerheblich.)
Die in den jeweiligen Ausschreibungen bezuschlagte gleitende Marktprämie – die vom Vermarktungswert abhängt – erhalten neue Photovoltaik- und Windenergieanlagen); die Fixprämie können hingegen bei Ausschreibungen neben Neuanlagen auch ältere KWK-Anlagen erhalten, die modernisiert werden.
Ergebnisse
Äpfel mit Äpfeln
- Gleitende Marktprämie bei der PV: durchschnittlich 1,42 Cent/kWh für 100 % EE-Strom
- Gleitende Marktprämie bei Wind-Onshore 2019: durchschnittlich 2,89 Cent/kWh (100%-Standort); 4,66 Cent/kWh für eine Wind-Onshore-Anlage am 70%-Referenzertrags-Standort [unterster Standortwert] sowie 1,61 Cent/kWh für eine Wind-Onshore-Anlage an einem 150%-Referenzertrags-Standort [oberster Standortwert]
- Fixprämie bei Standard-KWK: durchschnittlich 5,12 Cent/kWh für 11 % Wir-kungsgradvorteil
- Fixprämie bei Innovations-KWK: 10,25 Cent/kWh (für etwas geringeren CO2-Ausstoß
Birnen mit Birnen
- Gesamteinnahmen der PV-Anlage (Marktwert + gleitende Marktprämie): 4,92 Cent/kWh (liegt etwas oberhalb des anzulegenden Wertes, da in einem Monat des Betrachtungszeitraums der Marktwert höher war als anzulegender Wert)
- Gesamteinnahmen der Wind-Onshore-Anlage: 6,11 Cent/kWh (identisch mit anzulegendem Wert) für eine 100%-Referenzstandort-Anlage; Vergleichswerte: 7,88 Cent/kWh für eine Wind-Onshore-Anlage am 70%-Referenzertrags-Standort [unterster Standortwert] sowie 4,83 Cent/kWh für eine Wind-Onshore-Anlage an einem 150%-Referenzertrags-Standort [oberster Standortwert]
- Gesamteinnahmen (Strom [daneben hat die KWK-Anlage auch noch Wärmeeinnahmen]) der KWK-Standard-Anlage: 9,01 Cent/kWh
- Gesamteinnahmen (Strom) der Innovations-KWK-Anlage 2019: 14,14 Cent/kWh
Fazit des Prämienvergleichs
Wären die zuletzt ausgeschriebenen Anlagen am 1. Januar des Jahres 2019 in Betrieb gewesen und zu den Vermarktungswerten des Jahres 2019 vermarktet worden, hätten KWK-Anlagen ein Mehrfaches an Prämie für den Strom erhalten (5,12 Cent/kWh), als eine Photovoltaikanlage (1,42 Cent) – [rund das Dreieinhalbfache, KWK-Innovationsanlagen mit 10,25 Cent/kWh sogar rund das Siebenfache].
KWK-Standartanlagen haben eine deutlich höhere Prämie als Windenergieanlagen an guten Standorten und liegen sogar noch höher als Windenergieanlagen an den schlechtesten Standorten. Innovations-KWK-Anlagen erhalten deutlich höhere Prämien als Windenergieanlagen (das Dreieinhalbfache bei 100%-Standorten sowie mehr als das doppelte bei den schlechtesten Windstandorten)
Die hohen Fixprämien erhalten auch ältere KWK-Anlagen mit Teilmodernisierung.
Etwaige weitere Begünstigungen von KWK-Anlagen sind in die Berechnung nicht eingeflossen.